Immer wieder war das ASP-Konzert für Hamburg und Umgebung in den letzten drei Jah-ren abgesagt worden, für den Normalbürger egal, ein Hardrockkonzert weniger, für den ASP-Fan schlichtweg eine Katastrophe. Am 20.11.22, endlich! Voller Begeisterung enterte ich den Konzertplatz, ich bin voller Vorfreude auf „Denn ich bin der Meister“, darauf warte ich, einmal noch live sehen. Das dankbare Publikum in der fast bis auf den letzten Platz ausverkauften Friedrich-Ebert-Halle begrüßt die Band mehr als freundlich, den wenig später auf die Bühne kommenden ASP sogar mit stehenden Ovationen.
Das inhaltliche Konzept der dunkelromantischen Herbstnächte-Kreatour wird bereits im Projektnamen angedeutet und von ASP auch angesagt: Eine Menge an unterschiedlichen Kreaturen aus dem ASP-Kosmos wird vorgestellt und beschrieben.
Da lässt sich einiges erwarten, Werke aus dem schwarzen Schmetterling, aus „Zaubererbruder“, aus „Zutiefst“, aus „Wer sonst/Märchenland“, um nur einige zu nennen. Der ASP-Fan und das sind die meisten, übrigens etwa genauso viele Ü-Vierziger wie U-Dreißiger, ein Spiegel aus 23 Jahren Bandgeschichte, ist gespannt, denn die Instrumentierung deutet auf ein neues ungewöhnliches Experiment hin. Zwei Streicherinnen, zwei Gitarristen plus eine Bassgi-tarre, ein Flötist, der auch Dudelsack beherrscht, ein Schlagzeuger, keine Keyboards. Tatsächlich sieht alles eher nach „Unplugged“ aus, weniger nach Hardrock. Wollen die ASP-Fans das denn hören? – Sie wollen!!!
Schon beim ersten Titel, „Was du dir wünscht“ ist das Publikum geradezu hingerissen von der überbordenden Musikalität dieser Band, die nichts dem Zufall überlässt und die per-fekt miteinander harmoniert, spätestens beim dritten Stück „20000 Meilen“ befindet sich das Publikum in einer Art Trancezustand, Fans jeden Alters mit verklärten Gesichtern singen glückselig mit, die Stimmung ist „aspisch“. Besonders die beiden Gitarristen und die beiden Streicherinnen überzeugen alle zwischenzeitlich insbesondere durch ihre so-listischen Fähigkeiten, aber auch alle anderen sorgen dafür, dass der Sound auch ohne Keyboards voll und perfekt klingt.
Der inzwischen 50jährige ASP überzeugt nicht nur als großartiger Musiker, sondern auch als ein passabler Entertainer, dessen scherzhafte Ansagen und Einlassungen durchaus gelungen sind und Spaß machen. Nach gut 70 Minuten hat er ein Einsehen und schickt seine Leute, das Publikum und sich selbst in die wohlverdiente und allen willkommene Pause, legt die Dauer aber auch gleich für alle selbst fest.
Nach der Pause geht es Schlag auf Schlag. Das Publikum jubelt sich durch den Abend und nach „Wechselbalg“ wird das Publikum scheinbar endgültig entlassen, was es sich natürlich nicht gefallen lässt.
Es tobt, pfeift, stampft, johlt und erhält nach gut 5 Minuten die Belohnung, allerdings sind die zwei Stücke der Zugabe dann ganz offensichtlich so beruhigend, dass nach dem erneuten Versuch, die Bühne dauerhaft zu verlassen, das Publikum zu kraftlos ist, eine weitere Zugabe zu erzwingen.
Insgesamt lässt sich konstatieren: Wer herkömmlichen Hardrock mit den üblichen Folk und Gothic-Einflüssen ( auch wenn ASP das nicht gern hören) erwartet hat, wird vermutlich nicht ganz zufrieden sein, denn es gab Folkrock mit Hardrockelementen und Klassikeinflüssen. Wer aber einen musikalischen Genuss gesucht hat, kam voll auf seine Kosten. Jeder, der Musiker präsentierte sich als Meister/in seines/ihres Faches.
Insbesondere beide Gitarristen und beide Streicherinnen überzeugten, auch durch ihre solistischen Fähigkeiten, alle zusammen sorgen dafür, dass der Sound auch ohne Keyboards voll und perfekt klingt. Die Gitarristen Sören und Lutz fielen nicht nur durch meisterhaf-tes Spiel auf, sie agierten perfekt abgestimmt aufeinander und natürlich auf ASP. Die Streicherinnen erwiesen sich als musikalische Göttinnen, die ihren Instrumenten Klänge und Sounds entlocken, die man von Cello (Johanna)und Violine (Yinon) nicht erwarten konnte. Thomas holte aus seinen Instrumenten einen unfassbaren Sound heraus, Lias, erst kürzlich eingestiegen ist bei ASP, spielte die Bassgitarre wie es besser kaum geht und Stefans solides Schlagzeug war wie immer der Garant für eine stabil vorgetragene musikalische Show. Einzig und allein die Dreistimmigkeit im Gesang klappte nicht immer, fällt aber nicht ins Gewicht.
Mein persönliches Fazit: ASP ist eine der meistunterschätzten deutschen Bands. Das Konzert gehörte zum Besten, was ich je gesehen und gehört habe und ich habe einiges gehört! ASP muss man gesehen haben, und das nicht nur einmal. Fast hätte ich ich vergessen können, dass „Denn ich bin der Meister“ nicht gespielt wurde. Fast!